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23 Monate ohne erkennbaren Planungsfortschritt und verpasste Frist: Außerordentliche Kündigung berechtigt

Sofern der Architekt in knapp 23 Monaten keinen erkennbaren Fortschritt der Planung bewirkt und sodann eine extra zur Beschleunigung der Planung erst kurz zuvor vertraglich vereinbarte Frist versäumt, ist der Auftraggeber zur  außerordentlichen Kündigung berechtigt.
Hintergrund
Der Architekt haftet bei Verletzung vertraglicher oder sonstiger Verpflichtungen.

Den Architekten kann eine Haftung treffen, wenn er seine Leistungen nicht rechtzeitig erbringt.
Beispiel
(nach KG Berlin , Urt. v. 03.03.2023 - 7 U 158/21)
Ein Architekt wird von einem Entwickler im Rahmen eines Vertrages über Objekt- und Tragwerksplanungsleistungen beauftragt, passgerechte Gebäudeplanungen für betriebsfertige Errichtung für ein bestimmtes Grundstück zu erarbeiten. Hierfür wird ein Nettohonorar in Höhe von Euro 500.000 vereinbart. Der Architekt erbringt Leistungen und stellt Abschlagsrechnungen, auf die insgesamt Euro 456.000 € netto gezahlt werden. Innerhalb von 23 Monaten kommt es allerdings nicht zu echten, verwertbaren Planungsleistungen. In einem Ergänzungsvertrag wird dann eine Frist zur Beschleunigung der Architektenleistungen vereinbart, die der Architekt allerdings versäumt. Der Entwickler kündigt daraufhin den Vertrag und verlangt Rückzahlung des geleisteten Honorars.

Das Kammergericht Berlin gibt der Klage statt. Ein Vertrag könne vom Auftraggeber aus wichtigem Grund gekündigt werden, wobei der wichtige Grund in einer schweren schuldhaften Verletzung oder einer sonstigen Zerstörung des vertraglichen Vertrauensverhältnisses bestehen könne, die eine Fortsetzung des Vertrages für den Auftraggeber unmöglich mache. Für das Vorliegen eines wichtigen Grundes trage der Auftraggeber die Darlegungs- und Beweislast. Hier sei dem Auftraggeber nicht zuzumuten, an dem geschlossenen Vertrag mit dem Architekten weiter festzuhalten. Sofern ein Auftragnehmer innerhalb von 23 Monaten keinen erkennbaren Fortschritt der Planung bewirke und sodann eine extra zur Beschleunigung der Planung erst kurz zuvor vertraglich vereinbarte Frist versäume, sei der Auftraggeber zur außerordentlichen Kündigung berechtigt (vergleiche auch OLG Oldenburg, Urteil vom 9.11.1994). Durch dieses Verhalten bringe der Auftragnehmer zum Ausdruck, dass er sich auch in Zukunft nicht vertragsgetreu verhalten werde und weitere Vertragsfristen nicht einzuhalten gedenke.

Hinweis
Vor einer außerordentlichen Kündigung muss der Auftraggeber im Regelfall dem Auftragnehmer durch entsprechende Fristsetzung eine letzte Gelegenheit zur vertragsgemäßen Erfüllung geben, § 314 Abs. 2 BGB. Wird eine solche Frist, obschon im Einzelfall erforderlich, nicht gesetzt, ist bereits aus diesem Grund die außerordentliche Kündigung unwirksam (vergleiche OLG Düsseldorf, Urteil vom 29.11.1996).

Im besprochenen Fall hatte der Auftraggeber keine entsprechende letzte Frist gesetzt. Das Kammergericht ließ allerdings hieran die außerordentliche Kündigung nicht scheitern: Angesichts der zwischen den Parteien in dem Ergänzungsvertrag übereinstimmend vereinbarten Frist, die der Architekt auch versäumt habe, sei eine weitere Abmahnung bzw. Kündigungsandrohung gemäß § 314 Abs. 2 BGB ausnahmsweise entbehrlich gewesen.